I n t e r v e n t i o n
Staatstheater Kassel
Was tun, wenn die beste Freundin auf die schiefe Bahn gerät? Das Gespräch mit ihr suchen, da sind sich die Experten einig. Und am besten man tut dies nicht allein, sondern bildet einen ganzen Hilfstrupp. Man benachrichtige also alle dem Problemfall nahestehenden Personen, weihe sie in sein Vorhaben ein und locke die Gefährdete unter einem fadenscheinigen Vorwand in seine Wohnung, wo sie dann statt eines weinseligen DVD-Abends eine sogenannte Intervention erwartet. Ein Freundinnen-Ethikkomitee, das ein besorgtes Gespräch darüber führen möchte, dass es ja so nicht weitergehen könne, so ganz ohne professionelle Hilfe. Egal, ob es sich um ein angebliches Suchtproblem handelt oder sonstiges risikoreiches Verhalten, das kollektive Über-Ich steht bereit. So eine Überraschungsparty ohne Party, an der einem statt Korken gut gemeinte Ratschläge um die Ohren knallen, kann schnell entgleisen. Denn bei jedem Hilfsangebot entsteht immer auch ein Machtgefälle: zwischen dem Samariter, der sein Leben souverän im Griff zu haben glaubt, und dem Gestrauchelten, dem er huldvoll die Hand reicht. Da ist mit massivem Widerstand und hartnäckiger Problem-Verleugnung von Seiten des Interventionsopfers zu rechnen. Und wo liegen überhaupt die Grenzen zwischen hedonistischem Lebensstil und selbstzerstörerischem Verhalten? Wer ist befugt, diese zu ziehen? Was macht es aus, das gelungene, selbstbestimmte Leben? Ob die gerade Bahn der schiefen stets vorzuziehen und welche von beiden wirklich die Autobahn in die Hölle ist, hängt schwer davon ab, wo man die Hölle lokalisiert.
Fotos: Marina Sturm
- Uraufführung von Rebekka Kricheldorf
- Premiere: 24.01.2019
Theater: Staatstheater Kassel, Mühlheimer Theatertage - Mit:
Anna-Sophie Fritz (Frans)
Eva-Maria Keller (Marlene)
Michaela Klamminger (Annika)
Rahel Weiss (Lily)
Jürgen Wink (die Droge) - Text: Rebekka Kricheldorf
- Regie: Schirin Khodadadian
- Dramaturgie: Michael Volk
- Bühne/Kostüme: Ulrike Obermüller
- Musik: Kathrin Vellrath
- Lichtdesign: Christian Franzen
“Schirin Khodadadians Inszenierung spielt mit Selbst- und Fremd-Bildern der Frauen untereinander, und sie hält auch Kricheldorfs Komödien-Maschinerie klug auf Trab in der Ausstattung von Ulrike Obermüller, die intensiv mit dem Gold spielt, der Glanz- und Sehnsuchtsfarbe.”
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